Mit dem neuen Haarschnitt von Dortmunds Trainer Jürgen Klopp verschwanden auch seine hohe Stirn und die Geheimratsecken. Die „Welt“ erklärt verschiedene Methoden der Transplantation und ihre Tücken.
Insgeheim werden sich viele Männer freuen. Dass nicht nur sie selbst, sondern auch Prominente wie Jürgen Klopp keine naturgewachsene Haarpracht von Dauer haben, dürfte so manches Ego beruhigen. Der Borussia-Dortmund-Trainer hat zugegeben, sich Gerüchte sind allerdings bereits im Vorfeld laut geworden. Denn mit dem neuen Haarschnitt waren vor Kurzem auch Klopps hohe Stirn und seine Geheimratsecken verschwunden.
An den ehemals kahlen Stellen sprießen nun wieder Haare. „Ist doch ganz cool geworden, oder?“, kommentierte Klopp seine Wandlung lässig gegenüber der „Bild“-Zeitung. Doch nicht jeder gibt sich so gelassen, wenn es um das Ego-Thema „Haare“ geht. „Viele Männer – auch Prominente – helfen der vollen Haarpracht nach. Aber nur sehr wenige geben das auch öffentlich zu“, sagt der Düsseldorfer Haarchirurg Franz Neidel, Präsident des Verbandes Deutscher Haarchirurgen in Berlin. Es sei gut, dass nun endlich einer von ihnen ehrlich dazu stehe.
Denn schwindendes Haar ist beim Mann eigentlich etwas ganz Natürliches. Schuld sind meist männliche Sexualhormone. Ein Abbauprodukt des Testosterons, das Dehydrotestosteron (DHT), greift Haare an der Wurzel an. Haarwurzeln, die zu sensibel auf den Angriff reagieren, verkümmern mit der Zeit. Die Haarfollikel schrumpfen, bis nur noch feiner Haarflaum sprießt.
Großvater mütterlicherseits als Prognose
Wie viele und welche Haarwurzeln von der Anfälligkeit betroffen sind, ist genetisch vorbestimmt. Oft kann man die Zukunft der eigenen Haarpracht deshalb an der vergangenen Haarpracht der Verwandten ablesen. „Insbesondere die Haare des Großvaters mütterlicherseits geben oft gute Hinweise auf die eigene Haarprognose“, sagt Neidel. Natürlich seien solche Vorhersagen aber mit Vorsicht zu genießen. Ausnahmen gäbe es immer.
Was aber, wenn nicht nur der lichte Haarkranz des Großvaters, sondern auch das zunehmende Haar in der eigenen Bürste auf eine zunehmende Glatzenbildung hindeutet? Bevor kurz entschlossen der nächste, womöglich zwielichtige, Haartransplanteur angesteuert wird, rät Neidel erst einmal zu einer Analyse beim Experten. Denn nicht bei jedem Betroffenen lohne sich auch die Transplantation.
„Haarverpflanzung ist nichts weiter als eine Umverteilung. Ist die Fläche, die mit Eigenhaar gedeckt werden muss, zu groß, dann nützt die beste Methode nichts“, sagt Neidel. Denn eine Haartransplantation funktioniert nur mit Eigenhaar – und das steht eben nicht unbegrenzt zur Verfügung.
Manchmal wird zu früh verpflanzt
Die transplantierten Haare stammen alle aus dem sogenannten Haarkranz. Wie der Name schon verrät, handelt es sich dabei um den Kopfbereich, in dem die Haare auch bei altersbedingtem noch stehen bleiben. „Die Haare des Haarkranzes werden zum Körperhaar gezählt. Sie sind unempfindlich gegenüber dem DHT-Angriff“, erklärt Neidel. Diese Haare bleiben deshalb auch nach der Transplantation an eine andere Stelle auf der Kopfhaut bestehen. Und zwar für ein ganzes Leben.
Diese zunächst positiv erscheinende Eigenschaft hat aber auch einen Nachteil – zumindest, wenn bei der Indikationsstellung geschlampt wird. Wird nämlich zu früh Haar verpflanzt, dann kann es sein, dass es mit Fortschreiten des Haarausfalls als einsame Haar-Insel auf einem kahlen Kopf zurückbleibt.
Besser als zuvor sieht das dann wahrscheinlich nicht aus. „Gerade bei jungen Männern sollte man nur mit Vorsicht transplantieren“, sagt Neidel. Unter Umständen würden nämlich lebenslang wiederholte Haartransplantationen nötig, um die entstehenden Lücken wieder zu füllen. „Im schlimmsten Fall ist der Haarkranz dann irgendwann abgeerntet“, warnt der Experte.
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Behandlung in jungen Jahren nur prophylaktisch
Setzt der Haarausfall bereits in sehr jungen Jahren ein und ist die Haarprognose entsprechend schlecht, ist stattdessen eine nicht invasive Maßnahme vielversprechender: Die medikamentöse Behandlung mit einem Enzymblocker namens Finasterid. Der Wirkstoff hemmt genau das Enzym, das Testosteron in DHT umwandelt. Dadurch sinkt der DHT-Spiegel, und die empfindsamen Haarwurzeln bleiben unbeschadet.
Die Behandlung mit Finasterid wirkt allerdings nur prophylaktisch. Einmal verlorenes Haar kommt nie wieder. Wer die kahlen Stellen wieder loswerden möchte und zugleich genug Haare hat, für den stellt die Transplantation also durchaus eine lohnende Option dar.
Angebote dafür gibt reichlich – schließlich lässt sich damit auch viel Geld verdienen. Bis zu 8000 Euro kann die jugendliche Haarpracht kosten. Doch wo ist dieses Geld am besten investiert? Neidel hat für die Wahl des Haarchirurgen einen Tipp: Der Transplanteur sollte bereits ausreichend chirurgische Erfahrung mitbringen. „Ein Arzt, der im Vorfeld kaum operiert hat und nun alle paar Wochen eine Haartransplantation durchführt, erzielt womöglich nicht die gewünschten Ergebnisse“, sagt Neidel.
Keine leichtfertige Entscheidung
Erfahrung ist bei der Haartransplantation besonders wichtig – schon weil es verschiedene Optionen bei der Behandlung gibt. Die Entnahme einzelner Haare muss gegenüber der Entnahme eines ganzen Haarstreifens abgewogen werden. Während bei der Streifenmethode eine schmale Haarpartie des Hinterkopfs herausgeschnitten und erst anschließend in feine Einzelteile zerlegt wird, liefert die Einzelhaarmethode direkt kleinste Haargrüppchen, die mithilfe einer Hohlnadel entnommen werden.
Narben hinterlassen lassen leider beide Verfahren, wenngleich auch sehr unterschiedliche: Bei der Streifenmethode bleibt eine lange Narbe am Hinterkopf zurück, bei der Einzelhaarmethode sind es viele kleine, punktförmige Narben.
Wie bei Trainer Klopp sollten diese eindeutigen Operationsbeweise aber bestenfalls nie sichtbar werden. Die Narben sind nach der erfolgreichen Operation unter dem übrigen Deckhaar des Hinterkopfs versteckt. Entlarvt würden sie nur, wenn sich der Betroffene im Laufe seines Lebens dann doch für eine Glatze entscheidet. „Darüber sollte man sich auf jeden Fall vorab Gedanken machen“, sagt Neidel.
Die Entscheidung zur Haartransplantation fällt nach Klopps Bekenntnis womöglich leichter – leichtfertig sollte sie deshalb aber trotzdem nicht beschlossen werden.